Da wollten wir schon immer irgendwann mal hin. Gucken wie's läuft, wie die da leben. Moderne und Religion auf engstem Raum in historisch vollgestopftem Ambiente.
Und die Sicherheit?
Hmm, ja, da gehen wir davon aus, dass die gesichert ist. Zur Sicherheit haben wir Versicherungen: Reiserücktritt, Reisegepäck und Krankendings. Und Vollkasko, für den Mietwagen. Plus Navi, Ersatznavi und Ersatzersatznavi.
Plan?
Stundenlange Flughafen-Tiefenkontrollen mental überstehen, zwischendurch kurz fliegen, nach Jerusalem ins noch zu buchende Hotel fahren lassen. Urlaub machen. Herumfahren. Einatmen.
So kann Sicherheit aussehen. In diese Miniatur-Raumkapseln kommen verdächtige Taschen und - bumm - schon geht's ab zum Mond. Oder das Ding wird kurz einen halben Meter dicker, schüttelt sich und schrumpft wieder. Kann man leider keine Vorführung buchen.
Wichtiger ist sowieso die gefühlte Sicherheit. Z.B. Coca-Cola in Hebräisch und Arabisch. Oder vom Amerikanischen Roten Kreuz bereitgestelltes Desinfektionszeug am Ort der schlimmsten Reliquienbetatscherei. Oder Waffenverbot im Kirchengarten.
Die Kavallerie kommt zwar meist erst nervig spät, aber dann ist auch alles wieder gut im Fernen Western. Und viele weibliche Anwesende fühlen sich sofort so sicher wie in Kindertagen. Die meisten Männer heute haben ja eher Angstrespekt vorm Pferd.
Wenn man möchte, kann man seinen Drink professionell beschützen lassen. Oder man lässt sich nicht Auffindbares aus dem Beutel raussuchen - mit moderner Technik und persönlichem Finish.
Erste Eindrücke siehe Einträge Auf-Neben-Durcheinander und Sicherheit.
Und sonst so? Also...
Drei volle Tage Jerusalem waren keiner zu viel. Zwei Tage Altstadt und Historienschauplätze plus ein Tag Museen und neues Jerusalem.
Tag 1 starteten wir mit einer Halbtagesgruppentour vom Ölberg übers Jaffator durch x Viertel der Altstadt mit Grabeskirche und Klagemauer. Guter Einstieg.
Danach sind wir allein herumgestiefelt, zunehmend entspannter, und haben trotz einsetzender Orientierungslosigkeit gutes Essen und direkt gegenüber das Österreichische Hospiz gefunden. Durch eine ranzige, nicht markierte Tür in einer wuchtigen Mauer betritt man eine Oase der Ruhe und Entspannung.
Am zweiten Tag sind wir auf den Tempelberg, d.h. auf den so benannten erhöhten Platz. Nicht unerwartet versicherte man uns dort, dass wir weder in die Al-Aqsa-Moschee noch in den Felsendom hinein dürfen. Dann nochmal an der Klagemauer vorbei - da brannte die Luft im Gegensatz zum Vortag. Man klagte nicht nur, sondern feierte zusätzlich mehrere Bar Mizwas.
Wir folgten weiter routiniert unserem Plan: Handeln auf'm Basar, Rundgang auf Stadtmauer vom Jaffa- bis zum Damaskustor, Essen an bekannter Stelle, Entspannen im Austrian Hospiz und Spaziergang nach Gethsemane zwecks Kirchen und Grotten.
Tag 3 sind wir ins Yad Vashem, das Holocaust-Museum. Ich hatte befürchtet, dass die Schatten der Vergangenheit hier als auch räumlich bedrückender Moloch aufgetürmt sind. Weit gefehlt.
Die Idee: ein Zeitstrahl vom jüdischen Leben vor 1933 bis zum heutigen, durchtrennt von markanten Brüchen.
Das Gebäude: eine bewundernswerte, direkte Umsetzung der Idee.
Anschließend zum Mahane Yehuda Markt. Direkt hinein ins aktuelle, jüdische Jerusalemer Leben. Wuselig, angenehm, jung.
Sonnabend sind wir durch die Negev-Wüste nach Süden.
Die Wüste begann allerdings schon am Freitag in Jerusalem. Ab dem späten Nachmittag bereitete man sich auf den Sabbat vor. Nicht mit ausuferndem Wochenendleben, sondern durch intensives Hochklappen der Bürgersteige. Zumindest in unserem Viertel machte alles, selbst Restaurants, zu. Mal sehen, wie die in Tel Aviv mit dem Thema umgehen.
Am Sonnabendmorgen gehörten die Straßen Jerusalems jedenfalls uns. Zum Zusammenstellen einer Autokarawane hätten man die Hauptstraße eine Stunde lang sperren müssen. Außerhalb war es dann nicht mehr ganz, sondern nur noch ziemlich leer.
Hinter Be'er Scheva ging's ziemlich unvermittelt los als Steppe. Bis dorthin sah es teils eher aus wie in Mecklenburg - hügelige, weite, satte Felder mit Waldstücken. Dann plötzlich nur noch Steppe, Beduinenlager, Wüste, Kibbuzoasen.
Am Straßenrand regelmäßig der Hinweis darauf, dass links und recht alles Schießgelände ist. Wobei mir nicht klar war, ob sich das auf herumballernde Beduinen oder das mit Herannahen der ägyptischen Grenze sichtbarer werdende Militär bezog.
Grandios wurde die Wüste ab Mitzpe Ramon. Und die Frage, ob man denn genügend Wasser dabei hat, setzte erstmals zum Sprung an im Touristenhirn.
Und dann plumpst man förmlich ins Rote Meer.
Kurzer Abstecher nach Jordanien.
Ziel 1: Petra, Felsenstadt der Nabatäer (Drehort Indiana Jones);
Ziel 2: Wadi Rum, Beduinen-Erlebnisreservat (Drehort Der Marsianer).
Der Grenzübertritt: Ein Kulturschock.
Die Auszeichnung für den Besten Grenzbeamten geht an den smartphonezockenden, geistig abwesenden Jordanier am Gepäckscanner. Wirklich, der hat nicht hingesehen, war grad in 'nem schwierigen Level.
Auf dem Weg zum Flughafen, zur Stadt, zur Autobahn: Checkpoints, Checkpoints, Checkpoints.
Die Kontrollierenden:
Okay, das war verblüffend.
Das für eine Nacht gebuchte Hostel im Kaff Ein Gedi war ein Knaller.
Und im Toten Meer kann man nicht ersaufen.
Man treibt wie eine Boje, und die Salzlake schlucken geht auch in Not nicht.
Das Wasser selbst zartblau bis türkis und klar wie im Pool - nicht in einer einsamen Bucht, sondern im Hotelklötzeort Ein Bokek am öffentlichen Strand.
Kurz zum Pökeln reingelegt, abgeduscht, weitergefahren. Passt.
Zum Abgrasen von Israels Norden hatten wir Nazareth als Basis auserkoren. Zwei volle Tage waren mehr als ausreichend. Überlieferungsgerecht haben wir in einer urigen Grotte übernachtet, ungefähr so wie Maria und Joseph, zu besichtigen in Nazareths Verkündigungskirche. Das fensterlose Leiden wird uns vielleicht mal angerechnet.
Am See Genezareth ging es mangels Bibelerziehung zügig vorwärts. Die Jesusorte entwickeln ihren Glanz so richtig nur im Kopfkino. Auch Eingeweihte lassen sich gern ablenken und filmen die Kois im Wartebereich. Obwohl, am Ort der Brot- und Fischvermehrung gilt das vielleicht nicht als Abschweifung.
Zur Abwechslung sind wir in die Berge, nach Safed. Geht doch, sympathische Kleinstadt.
Und gleich noch weiter ans Mittelmeer, in die alte Hafenstadt Akko.
Äh ja, erwartet hatten wir irgendein Flair, fanden stattdessen nachmittags im Wesentlichen verdreckte Schäbigkeit. Voller Touristen wird's wahrscheinlich bunt und quirlig. Na toll.
Old Jaffa bei Tel Aviv hat uns später vollstens entschädigt. Dagegen war Akko ein toter, kleiner Fisch im Schlick.
Am zweiten Tag waren wir kurz mal gucken in Haifa. Großstadt mit Sehenswürdigkeiten.
Heute ist wieder Shabbat und wir verhalten uns ziemlich koscher:
Heute machn wa mal janüscht.
Der Orthodoxe sieht das Janüscht wohl unglaublich eng. Angeblich gibt es koschere Aufzüge, bei denen man am Shabbat keinen Knopf drücken braucht (böse). Wahrscheinlich fahren die dann immer nur himmelwärts.
In Jerusalem war am Freitagabend vor einer Woche großräumiges Bürgersteigehochklappen angesagt (siehe Wüste); hier in Tel Aviv steppte das Gegentum, Party, Party, Party.
Eine Stadtrundfahrt am Sonnabend ist trotzdem nicht möglich, der öffentliche Nahverkehr darf nicht fahren. Aber Himmel und Menschen sind am Strand, in den Restaurants oder im Stau dahin. Natürlich niemand mit Schläfenlocken.
Mit der Kontrolliererei bei Hin- und Rückflug scheint jeder andere Erfahrungen zu machen.
Unterwegs trafen wir Deutsche, bei denen in Schönefeld nur Einzelne interviewt wurden (bei uns jeder; siehe Check, Check, Check).
Bekannte berichteten von aufwendigen Tiefenkontrollen bei der Ausreise.
Wir haben nur pflichtschuldig erklärt, dass wir selbst gepackt, nichts Fremdes und nichts Spitzes dabei haben.
Die Sicherheitsschleuse bestand aus einem Gepäckscanner mit zwei tiefenentspannten Leuten und dem Durchgangsdings ohne Extrabesetzung.
Damit nicht genug: Warum die Flasche Wasser austrinken, wenn du sie auch mitnehmen kannst. Yepp, ging.
Janas Häkelnadel hat auch wieder keinen interessiert. War ja nun klar.
In Deutschland sind die Rentner an vorderster Front an der Elektrofahrrad-Theke. So gediegen sind auch die Preise. In Israel düsen seit längerem vorzugsweise Jüngere mit Elektro-Klappfahrrädern geschäftig durch die Städte. Gibt's für unter 1.000 EUR. Sogar auf dem Google-Doodle zum Israelischen Unabhängigkeitstag ist so ein Teil verewigt.
Jede Menge. Echt jetzt? In Nazareth leben nur Araber: viele Muslime, klar, aber ein Großteil Christen. Es gibt auch Juden mit arabischer Abstammung. Plus Drusen und Beduinen. Es sträubt einem wieder mal das Hirn. Und denen wohl auch.